Die Wende im Osten – 25 Jahre danach

Heute vor genau 25 Jahren markierte der Fall der Berliner Mauer den Höhepunkt und ungefähr die Mitte der heißen Phase des Zusammenbruchs der kommunistischen Regime in Osteuropa. Zu diesem Zeitpunkt hatten Ungarn und Polen die Wende schon begonnen und fast unbemerkt im Schatten der Freude über die Ereignisse in Berlin wurde am 10.11. die Regierung in Bulgarien gestürzt. Wenige Tage später fegte die „samtene Revolution“ die tschechoslowakische Regierung hinweg. Den leider sehr gewalttätigen Schlussakt der Ereignisse stellte die rumänische „Revolution“ dar, mit ihren über Tausend getöteten Jugendlichen und der standrechtlichen Verurteilung und Erschießung des Diktators Ceausescu.

Wer diese Zeiten mitgemacht hat, weiß wie hoffnungsvoll unser gesamter Kontinent war, dass sich auch ökonomisch für die Länder im Osten alles zum Guten wenden und diese in kurzer Zeit ihren Rückstand aufholen würden. Sicherlich haben sich diese Hoffnungen zum großen Teil erfüllt, auch wenn es länger gedauert hat, als die meisten von uns dachten. Ohne Zweifel geht es ökonomisch inzwischen ganz Mittel- und Osteuropa besser. Einige Länder sind aber leider weit hinter den Erwartungen und hinter ihren Möglichkeiten zurückgeblieben. Hierzu gehören sicherlich Rumänien und Bulgarien. Ironischerweise ermöglichen die Folgen des Mauerfalls und der europäischen Integration ihren Bürgern genau das, was in der „DDR“ die Ursache des Zusammenbruchs war: Die „Abstimmung mit den Füßen“. Insbesondere seit dem EU-Beitritt der beiden Länder haben rund 15% der Bevölkerung ihre Heimat verlassen, um anderswo ein besseres Leben zu finden.

Und damit können wir den Bogen zur Tätigkeit unseres Unternehmens spannen. Häufig werden wir gerade auch von Journalisten zur ethischen Dimension unserer Tätigkeit gefragt. Viele Unbeteiligte denken, dass wir unsere Kandidaten zum Auswandern animieren und so zum „Brain-Drain“ der Herkunftsländer beitragen. Das ist natürlich nicht richtig, denn die Menschen, die sich an uns wenden, haben längst den Entschluss gefasst, ihre Heimat zu verlassen.

Die Generation der Revolutionstoten in Rumänien ist heute 45, die ersten Uni-Absolventen nach der Wende sind schon 50. Mit eisernem Idealismus hat diese Gruppe die Widrigkeiten der 90er Jahre überstanden und auf eine schnelle Besserung der materiellen und auch politischen Situation gehofft. Einige von Ihnen haben in dieser harten Zeit sogar Hunger und Unterernährung erlebt. Nach 25 Jahren, jenseits der Lebensmitte stellen sie fest, dass dieses Warten „verschwendete Zeit“ war und sie fühlen sich von ihren Staaten um die Lebenszeit und auch um die Aussicht auf eine angemessene Rente betrogen. Viele hochqualifizierte sehen eine Verbesserungsmöglichkeit für sich selbst nur noch im Ausland. Deren Kinder sind pragmatischer und wandern schon zum Studieren aus oder sobald sich die Möglichkeit nach dem Studium ergibt.

Wer die Zustände in Rumänien und Bulgarien kennt, kann die Enttäuschung verstehen. Beide Länder haben sich erstaunlich parallel entwickelt: Politik und Wirtschaft werden von den Kindern der Regierungskaste, die man abgesetzt wähnte, dominiert. In den Medien herrscht ein demokratiefeindliches Monopol oder Oligopol, das Manövriermassen von politisch ungebildeten und unmündigen Wählern durch Falschmeldungen beeinflusst, um so die Macht zu sichern. Auch wirtschaftlich hat das System die gleiche Gruppe bedient. Es gibt wohl nur wenige Parlamente auf der Welt, in denen so viele Millionäre sitzen, oder Länder, in denen Politiker während ihrer Amtszeit reich werden.

Auch die Zukunft verheißt nichts Gutes. In Bulgarien wird gerade die dritte Regierung in zwei Jahren gebildet. Der neue Premier, der auch der Vorletzte war, wurde von wütenden Bürgerprotesten abgesetzt, um nach einer verheerenden Regierungszeit der Ex-Kommunisten, als „geringeres Übel“ wiedergewählt zu werden. In Rumänien droht nächsten Sonntag, der „sozialdemokratische“ Kandidat die Präsidentschaftswahl zu gewinnen, nachdem er dem Land in den letzten zwei Jahren als Premier bereit,s gelinde gesagt, eiserne Stagnation gebracht hat. Er hat schon angekündigt, dass er die zahlreichen wegen Korruption einsitzenden Ex-Politiker sofort nach seiner Einsetzung amnestieren wird.

So können wir auch in Zukunft mit einem anhaltenden Strom von Arbeitskräften aus diesen Ländern rechnen. In Deutschland, mit seinem immer größer werdenden Fachkräftemangel sind diese Menschen sicherlich willkommen. Der „Brain-Drain“ in den Herkunftsländern wird aber sicherlich nicht zu einer schnellen Verbesserung der Situation beitragen.

An diesem glücklichen Tag der europäischen Geschichte sollten wir uns aber alle vor allem über die gewonnene Freiheit freuen. Alle EU-Bürger haben zahlreiche Freiheitsgrade, um ihr Leben selbst zu bestimmen, darunter auch ihren Wohnsitz. Das ist sicherlich eines der höchsten Güter, die wir durch den Mauerfall erworben haben und diejenigen, die dieses Recht einschränken wollen, sollten einen Augenblick über die Zeiten davor nachdenken.

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