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Fachkräfte aus Spanien – oder doch besser aus Rumänien und Bulgarien?

Neulich sah ich eine Fernsehreportage zum Thema „Fachkräftemangel in Deutschland“, in der ein junges spanisches Paar, das eine thüringische Kleinstadt, wo es Arbeit gefunden hatte, fluchtartig verließ. Im Laufe des Berichts erläuterte der Mann, wie er in seiner neuen Heimat depressiv geworden ist, weil ihm die Heimat und die Freunde fehlten und „es in dem Ort noch nicht mal ein Café gab“.

Dies ist ein gutes Beispiel, dass die Anwerbung und Auswahl ausländischer Arbeitskräfte gut durchdacht werden muss. Insbesondere darf man sich nicht von Klischees leiten lassen. Ich behaupte, dass der thüringische Unternehmer mit osteuropäischen Mitarbeitern wahrscheinlich eine nachhaltigere Lösung gefunden hätte.

Spanische Fachkräfte sind „en Vogue“ auch wir werden ständig nach Spaniern gefragt. Osteuropäer dagegen leiden unter der sehr negativen Berichterstattung und werden völlig falsch eingeschätzt. Wie wir finden zu Unrecht.

Die Voraussetzungen und Auswanderungsmotivationen der beiden Kandidatengruppen unterscheiden sich stark. Spanien hat nach jahrzehntelangem Aufstieg mit extremem Wohlstand in der Lehman-Krise einen gewaltigen Absturz erlebt. Wir dürfen nicht vergessen, dass dieses Land bis 2008 eine gewaltige Netto-Einwanderungsrate hatte. Hinzu kommen die attraktive Landschaft und das schöne Wetter, viele von uns, wie auch ich, verbringen Ihren Urlaub dort. Daher auch das subjektive Gefühl vieler deutscher Arbeitgeber, dass ihnen die Spanier näher stehen als die Osteuropäer.
Nach jedem Aufenthalt in Spanien wird mir bewusst, dass dies eigentlich ein Einwanderungsland ist und keine dauerhafte und nachhaltige Quelle für ausländische Arbeitnehmer sein kann.

Tatsächlich dürfte dies auch der Unterschied zwischen spanischen (und auch griechischen) und osteuropäischen Arbeitnehmern sein. Während sich die erste Gruppe in Deutschland „parken“ möchte, bis die Wirtschaft anläuft (was in Spanien sicherlich wesentlich schneller geschehen dürfte als in Griechenland), wandern Rumänen und Bulgaren dauerhaft aus.

In diesen Ländern hat sich leider, auch 25 Jahre nach dem Mauerfall, nicht viel geändert. Es sind nicht nur wirtschaftliche Faktoren, die die Menschen aus ihren Ländern treiben, sondern auch soziale, wie die Qualität der Krankenversorgung oder der Schulbildung für die Kinder und die Lebensqualität insgesamt. Auch haben viele Rumänen und insbesondere Bulgaren die Hoffnung verloren, dass sich in den nächsten Jahren etwas ändern wird. In diesen Ländern sind bereits ganze Landstriche ausgewandert und sie sind ein Paradebeispiel für typische Auswanderungsländer. Rumänen und Bulgaren bleiben dauerhaft in ihrer neuen Heimat. Ihre Kinder werden schnell heimisch, finden neue Freunde und sprechen nach kurzer Zeit besser Deutsch als ihre Muttersprache. Die Ehepartner finden auch einen Job und nicht selten kaufen oder bauen sie sich ein Haus. An Rückkehr denkt niemand mehr, im Gegenteil, eher holt man die Familie nach.

Auch in der Arbeitserfahrung gibt es gewaltige Unterschiede. Wir hören in den Nachrichten immer wieder, dass viele „qualifizierte“ Arbeitnehmer in Spanien keine Arbeit finden. Das ist sicherlich korrekt, aber unsere Arbeitgeber suchen die Qualifizierten und Erfahrenen. Wir erleben immer wieder, dass auch in Spanien, die Kandidaten, die in Deutschland gesucht werden, nicht arbeitslos sind. Und aus den beschriebenen Gründen würden nur arbeitslose Spanier auswandern während man Rumänen und Bulgaren aus ihren bestehenden Arbeitsverhältnissen auslösen kann.
Im eingangs erwähnten Fernsehbeitrag hatte der Unternehmer unerfahrene Spanier eingestellt, die er zu CNC-Dreher/Fräser einarbeitet. Wir besetzen solche Stellenanforderungen normalerweise mit Rumänen und Bulgaren, die teilweise über jahrzehntelange Erfahrung in diesem Bereich verfügen.

Auch was diese Erfahrung angeht, werden wir von Klischees beherrscht. Bei Osteuropäern denken wir immer noch an Staatsbetriebe mit zweifelhafter Qualität und Arbeitsmoral. Die Realität sieht anders aus: Die größte Investorengruppe in Rumänien und Bulgarien sind deutsche Unternehmen. Allein in Rumänien gibt es 8000 Unternehmen mit deutscher Beteiligung, viele davon im produzierenden Bereich. D.h. viele Fachkräfte in diesen Ländern arbeiten in deutschen Unternehmen, mit deutschem Management und deutschen Standards. Sie kennen die Anforderungen deutscher Unternehmen aus ihrer täglichen Arbeit.

Ebenfalls mit der Qualifikation verbunden sind die Sprachkenntnisse. Deutschsprachige Mitarbeiter gibt es europaweit kaum noch, aber wenn, dann in Osteuropa, wo das Deutsche eine gewisse Tradition hat. In Spanien ist Deutsch eine reine (nachrangige) und sehr schwer zu erlernende Fremdsprache. Die meisten osteuropäischen Kandidaten sprechen Englisch, in Spanien ist selbst dies nicht selbstverständlich.

Ich möchte mit diesen Ausführungen nicht sagen, dass generell Osteuropäer den Spaniern vorzuziehen sind, man muss aber sehr gut abwägen in welcher Situation man welche Zielgruppe einsetzt. In ländlichen Gegenden mit beschränktem kulturellen und kulinarischen Angebot sind Osteuropäer sicherlich besser geeignet. Spanier sind eher die Zielgruppe für anspruchsvolle Jobs nahe der Metropolen

Von Dr. Thomas Wendel

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