Personalberater: Aus Rumänien kommen vor allem Fachkräfte und Hochqualifizierte

Bergisch Gladbach, 7. Februar, 2014.

Bergisch Gladbach. Auswanderung und die Suche nach einem Job im Ausland hat viele Gründe. Wer nach Rumänien schaut, wird feststellen, dass es dort in der Regel nicht Armut ist, die Menschen nach Westeuropa zieht, sondern eher die allgemeinen Lebensbedingungen und die individuellen Entwicklungschancen. Insbesondere bei Ärzten, IT-Profis, Ingenieuren und anderen Hochqualifizierten ist dies der Fall. Die verdienen gemessen an dortigen Verhältnissen nämlich recht gut. Es sind eher Fragen des persönlichen Lebensstandards, nach gesellschaftlichen und politischen Maßstäben, nach Freizeitmöglichkeiten und anderen weichen Faktoren, die solche Menschen bewegen. Die Debatte über Armutszuwanderung aus dem Balkanland geht an der Realität vorbei, meint der in Bergisch Gladbach lebende Ärztevermittler und Personalberater Dr. Thomas Wendel.

“Die deutsche Wirtschaft profitiert von Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien”, weiß Wendel aus der Praxis. Seine Personalberatung tw.con vermittelt seit vielen Jahren Ärzte und IT-Fachkräfte aus Rumänien an Unternehmen im deutschsprachigen Raum. “Die kommen nicht mit dem Eselkarren”, sagt er. Im Gegenteil, denn sie bringen viel Know-how aus dem IT- und Technologieland Rumänien mit. Wo in Deutschland Fachkräfte besonders fehlen – in der Gesundheitswirtschaft und in der IT-Branche – können Experten aus dem Ausland die Lücken schließen. “Die deutsche Wirtschaft braucht qualifizierte Zuwanderung. Das Reservoir gut ausgebildeter und motivierter Fachkräfte ist in Rumänien sehr hoch”, so sein Appell an die Politik, die seiner Meinung nach falsche Vorstellungen hat oder irreale Klischees bedient in der jüngsten Debatte.

Eigentlich, so der Personalvermittler, müsste genau das Gegenteil von dem passieren, was gerade diskutiert wird. “Deutschland müsste noch mehr werben. England und die skandinavischen Länder sind für viele Hochqualifizierte wesentlich attraktiver. Dort herrscht eine andere Willkommenskultur, die Löhne sind höher als hierzulande und die schwere und nicht weit verbreitete deutsche Sprache sorgt auch nicht dafür, sich mal eben für Deutschland zu entscheiden”, verdeutlicht Wendel. Auch fehlten in Deutschland Integrationsprogramme, die auf Hochqualifizierte zugeschnitten seien. So würden Chancen vergeben, die Besten ins Land zu holen.

Dass Deutschland dennoch von Zuwanderung profitiere, liege derzeit vor allem an der schlechteren Wirtschaftslage in anderen europäischen Staaten und den Ungleichgewichten innerhalb Europas. Die aktuelle deutsche Wirtschaftsdynamik helfe im Kampf um die besten Köpfe. Die neue Arbeitnehmerfreizügigkeit, die nun auch für Rumänien und Bulgarien gilt, sei Segen und nicht Fluch. Auf Dauer müsse aber wesentlich mehr geschehen.

Wer Armutszuwanderung fürchte, solle sich mal in den IT-Abteilungen großer deutscher Unternehmen umsehen oder in Krankenhäusern und Kliniken, mahnt Wendel. Hier seien rumänische Akademiker seit Jahren hoch willkommen und gelten dort sowohl als Know-how-Träger als auch als Teil der kreativen Wertschöpfung. Die deutsche Politik dürfe die momentanen Chancen nicht verspielen. So leicht wie heute kämen Unternehmen hierzulande nicht mehr an gut ausgebildete Spezialisten. Es gelte einzuladen statt abzuschrecken.