Wie glücklich sind Deutschlands Ärzte im Job wirklich?

Vor einigen Wochen erschien das Ergebnis des „MB-Monitor“, die Mitgliederbefragung des Marburger Bundes, mit der zentralen und für unser Gesundheitssystem äußerst wichtigen Frage: Sind die Ärzte unseres Landes glücklich in ihrem Job?

Das erschreckende Ergebnis

Zurecht von den Medien im besonderen Maße erwähnt und äußerst erschreckend ist die Absicht von 25% der Befragten, ihre ärztliche Tätigkeit aufzugeben wobei weitere 18% diesbezüglich unentschlossen sind. Das heißt, für 43% der Ärzte sind die Arbeitsbedingungen so untragbar, dass das Gesundheitssystem sie verlieren könnte!

Fast noch erschreckender ist, dass 68 % der Ärzte (d.h. mehr als 2/3) ihre Arbeitsbedingungen für mittelmäßig bis (sehr) schlecht halten.
Zusammengefasst: Annähernd die Hälfte der Ärzte ist nicht besonders glücklich, beißt aber die Zähne zusammen.

Es gibt jedoch auch die 57%, die das System nicht verlassen möchten, darunter immerhin 32% die ihre Arbeitsbedingungen für gut halten und sich in ihrem Beruf vermutlich wohlfühlen. Daraus schließen wir, dass es auch noch die Arbeitgeber gibt, für die man gerne arbeitet, die also Vieles richtig machen.

Wir können dies aus unserer Praxis bestätigen, meistens sind es die, bei denen auch der Recruiting-Prozess professionell und schnell läuft und häufig auch die, mit denen wir besonders gerne zusammenarbeiten. Umgekehrt erlauben wir uns auch den Luxus, interne „Blacklists“ zu führen, von Arbeitgebern, die schlechte Arbeitsbedingungen bieten, ja zum Teil sogar ihre Mitarbeiter ausbeuten.

Faktoren für das Unwohlsein der Ärzte in ihrem Job

Die Statistik des Marburger Bundes ist es sicherlich Wert, näher betrachtet zu werden:

Was sind mögliche Faktoren, die dazu führen, dass die Ärzte ihre Arbeit als unangenehm empfinden:

  • 2/3 der Befragten halten die Personelle Besetzung in ihrem Hause für schlecht. Da haben wir ihn – den Teufelskreis: Zu wenig Mitarbeiter führen zur Unzufriedenheit, zu Kündigungen und damit zu noch weniger Personal und noch mehr Unzufriedenheit.
    Es mangelt aber nicht nur qualitativ an Ärzten. In vielen Häusern müssen diese auch durch gute Bedingungen gehalten werden, um diesen Kreis zu durchbrechen.
  • Damit verbunden ist die Zahl der Überstunden. Obwohl fast 1/3 der Befragten in Teilzeit arbeiten beträgt die Wochenarbeitszeit bei 57 % der Ärzte 50 Stunden oder mehr. 90% der Ärzte würden sich (weit) weniger als 50 Stunden Arbeitszeit wünschen. Immerhin werden bei 75% der Ärzte die Überstunden in Geld oder Freizeit abgegolten. 25% sind aber „Schwarze Schafe“, sicherlich gehören diese auch zu den 29% Arbeitgebern, die die Überstunden nicht erfassen. Es ist ja einfach: Was nicht erfasst wird, gibt es nicht…
  • Dritter Knackpunkt: Digitalisierung. 55% der Ärzte halten ihren Arbeitgeber für wenig bis gar nicht digitalisiert und 2/3 der Ärzte sind mit ihrer IT-Ausstattung (eher) unzufrieden. Aus dem niedergelassenen Bereich kennen wir es ja zur Genüge: wenn wir Rezepte nicht persönlich vom Arzt zum Apotheker bringen, glühen die Faxleitungen zwischen diesen Berufsgruppen. Angeblich soll sich dies zum 01.09. mit dem E-Rezept ändern – auf freiwilliger Basis.
    Die Thematik in diesem Bereich geht weiter mit Beschwerden über mehrfach einzugebende Daten, mangelnde Einbindung der Wünsche der Ärzte bei der Anschaffung von Software sowie nicht vorhandene IT-Schulungen (75% der Befragten!!). Lediglich die Datensicherheit bewerten 2/3 der Ärzte als gut. Im Gesundheitsbereich sicherlich ein wichtiger und beruhigender Aspekt.

Arbeitsverhältnisse für Ärzte – ein Spiegel der Gesellschaft

Man könnte sagen, dass die Arbeitsverhältnisse für Ärzte ein Spiegel der Gesellschaft sind: Hauptfaktoren sind Personalmangel, Überarbeitung und mangelnde Digitalisierung. Nur, dass es hier nicht um Koffer am Flughafen geht, sondern um Menschenleben und unsere Gesundheit, die uns täglich und nicht nur im Urlaub betrifft.

Aber wie gesagt, es gibt sie doch: Das Drittel der Kliniken, die gute Arbeitsbedingungen anbieten, die keinen Personalmangel haben, einen hohen Digitalisierungsgrad aufweisen und Ärzten möglichst viel Bürokratie nehmen. Sie sind Teil des gleichen „Systems“, das wir so gerne verantwortlich machen. Für manche ist es einfacher gute Bedingungen zu bieten – Personal findet sich in Ballungsräumen leichter als auf dem Land, aber trotzdem gibt es üble Arbeitgeber in Großstädten und vorbildliche auf auf dem Lande.

Sicherlich gibt es auch zahlreiche Mängel im „System“, aber dieses ändert sich nur träge. Bis dahin können die Krankenhäuser mit Nachholbedarf sich an den guten Vorbildern orientieren und so für uns alle für eine bessere Versorgung sorgen.

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